Broom Service – Kennerspiel des Jahres 2015

Autor Andreas Pelikan & Alexander Pfister
im Alea / Ravensburg – Verlag 2015
Auswahl Kennerspiel des Jahres 2015
ab 10 Jahren; für 2 – 5 Spieler; ca. 45 Minuten

Thema:
In einem magischen Reich ist der Bedarf an Zaubertränken in den Wohntürmen heftig gestiegen, was die Kräutersammler, Druiden und Hexen sehr unter Druck setzt, aber gleichzeitig ihr Ansehen erheblich steigert (was sich in Siegpunkten ausdrückt).

Um diese Nachfrage effizient und schnell zu bedienen – denn kundenorientiertes Geschäftsgebaren scheint hier eine Tugend zu sein – schließen sich die Produzenten zu einem Zauberbesen – Versand (Broom-Service) zusammen. Trotzdem ist jeder des Anderen schärfster Konkurrent.

Wie wird es gespielt:
Der Spielplan zeigt vier Landschaftsarten, die wie ein Flickenteppich verteilt sind. In und an den Grenzen der Landschaften sind runde und eckige Türme zu sehen. Auf vielen Landschaften sind Wolkensymbole angedeutet, auf die in der Vorbereitung Wolkenplättchen abgelegt werden, die diese Landschaft zunächst für die Spieler sperren. Jeder Spieler erhält zwei Figuren und 10 Rollenkarten seiner Farbe. Außerdem erhält er je einen der drei Zaubertrank-Plättchen und zwei Zauberstäbe.

Für die Fortgeschrittenen-Version auf der Rückseite des Spielplans gibt es auch noch Amulette und Sonderkärtchen. Aber die Anfängerversion reicht völlig aus, um zu lernen, sich im Dickicht der Entscheidungsmöglichkeiten zurechtzufinden.

Das zentrale Element des Spiels sind die 10 Rollenkarten, von denen sich jeder Spieler pro Spielrunde vier aussuchen muss, die er dann auch ausspielen muss. Laut verkündet dann der aktive Spieler: „Ich als mutige Waldhexe fliege jetzt ins benachbarte Waldgebiet und liefere dort einen lila Zaubertrank ab und bekomme noch extra Punkte“. Der Spieler hätte sich auch als feige Waldhexe outen können und wäre nur zum benachbarten Wald gezogen.

Aber eine mutige Aktion zu tun, hat seine Risiken. Die nachfolgenden Spieler müssen, sofern sie diese Rolle auch auf der Hand haben, diese ausspielen und sich für mutig oder feige entscheiden. Der letzte Spieler, der dabei die mutige Rolle ausspielt, erhält dadurch die Aktion und die anderen, die vorher „mutig“ angesagt hatten, gehen leer aus. Die „feigen“ Spieler aber können ihre Aktion sofort ausführen. Der letzte Spieler der Runde wird neuer Startspieler. Er spielt eine neue Rolle aus und verkündet „mutig“ oder „feige“, was er in dieser Rolle tun will.

Anzahl der Zaubertränke und Zauberstäbe liegen offen vor den Spielern. Aufmerksame Spieler werden bald bemerken, was die anderen vermutlich vorrangig tun wollen und entsprechend ihre Rollen oder Ankündigungen auswählen. Hat ein Spieler keine Tränke mehr zu versenden, wird er die Tränkesammler ausschicken wollen. Hat er rund um den Standort seiner Figuren Wolken auf den benachbarten Landschaften, wird er seine Wetterhexe losschicken, um die Wolken zu ernten. Hierfür müssen Zauberstäbe verbraucht werden.

Möchte ein Spieler schnell über das Spielfeld huschen, um seine Tränke möglichst gewinnbringend in die weit entfernten Türme auf dem Spielplan zu bringen, wird er zu feigen Aktionen neigen, um sicher vorwärts zu kommen. Die runden Türme auf dem Spielplan sind mit einem aufgelegten Zaubertrank bedient und nehmen keine weiteren an. Die viereckigen Türme nehmen zu einer geringeren Punktevergütung ständig neue Tränke an, die dann in den Vorrat kommen.

Das bewusste Behindern des Mitspielers ist in diesem Spiel genauso möglich wie das Verfolgen eines strategischen Konzepts. Ein Spiel ist nach 7 Runden beendet. In jeder Runde wird eine von 7 Sonderkarten aufgedeckt, die zusätzliche Sieg- oder Schadenspunkte für die Spieler bereithält. Gleichzeitig wird damit die Anzahl der noch zu spielenden Runden gezählt.

Da sich das Spiel zu zweit oder fünft ganz unterschiedlich wirkt, gibt es als Ausgleich noch die „verfluchten Rollen“: Je nach Anzahl der Mitspieler werden von einem Nichtspieler die 10 Rollenkarten gemischt und pro Runde 3 – 1 Karte aufgedeckt. Diese Rolle ist verflucht und kostet die Spieler in dieser Rolle sofort 3 Minuspunkte.

Beim Spielen sind uns folgende Kritikpunkte aufgefallen:

    Für die Menge der Entscheidungsmöglichkeiten, die dieses Spiel zum Kennerspiel qualifiziert, wirken Thema und Spielplan wie ein Kinderspiel.
    Statt „feige“ hätte man „ängstlich“ oder „vorsichtig“ wählen sollen. Das entspricht dem Spielablauf besser.

 

Fazit:
Trotz Thema und Aufmachung gehört „Broom-Service“ zu den Kennerspielen. Dennoch ist der Zufallsfaktor durch die Rollenwahl recht hoch. Erst häufiges Spielen und eine gehörige Portion Menschenkenntnis bei der Einschätzung der Mitspieler wird dem Kenner seine Erfolgsquoten ermöglichen.

Vortrag: Spiele für Zwei Personen

Vortrag zur Spielevorstellung des Monats vom 25. Januar 2015:

Spiele für 2 Personen

 

Spiele für Zwei – eine abstrakte Sache?

Bei Zwei-Personen-Spielen denken viele zuerst an Klassiker wie Schach oder Mühle.

In der Tat gibt es viele Zwei-Personen-Spiele die sehr alt sind, umgekehrt sind viele historische Spiele Zwei-Personen-Spiele.

 

Beispiele für klassische 2-Personen-Spiele:

  • Backgammon: Mythos um 1200 v. Chr., Griechen, Römer (teilweise etwas andere Spieleregeln)
  • Schach (spätestens im 13 Jahrhundert in Europa etabliert, gehörte zu den „sieben Tugenden der Ritter“), im 15. Jahrhundert Reform der Spielregeln (Gangart der Dame, des Bauern, Rochade)
    – Chaturanga (gesprochen: tschátur-ánga) altes indisches Spiel, vermutlich Ursprung von Schach, bildet, spätestens seit 600 n. Chr. gespielt worden, älteste Schachversion
  • Go (ursprünglich aus China), seit dem 20. Jahrhundert Verbreitung auch außerhalb Asiens, Ursprung um 0, evtl. schon 400 vor Chr.
  • Dame: vermutlich 10-11 Jahrhundert in Südfrankreich entstanden
  • Mühle: vom 11 bis 18. Jahrhundert beliebtestes Brettspiel in Europa

(Quelle für die Hintergrund-Informationen: Wikipedia)

 

Dies waren alles strategische und abstrakte Spiele, der Spielspaß kommt durch den „Denksport“: Züge vorausberechnen, Möglichkeiten durchspielen. Es gibt zwei Farben: Schwarz und Weiß und zwei Gegner die strategisch den anderen besiegen wollen, die Verwandtschaft mit Kriegsstrategien ist offenkundig.

 

Aber auch in neuerer Zeit wurden abstrakte Spiele erfunden, z.B. Abalone, 4 gewinnt oder Stratego, wobei Stratego zunächst nicht abstrakt ist, weil es konkret um Heere/Armeen geht. Letztlich ist es dennoch ein klassisches „schwarz-weiß-Spiel“.

 

Warum sind Spiele zu zweit anders?

Zunächst hat man nur  einen Gegner auf den man sich konzentriert und der umgekehrt immer nur gegen mich spielt. Bei mehreren Spielern verteilt sich dies mehr, mal unternimmt man etwas gegen Person A, dann gegen Person B. Auch ist es bei mehreren Spielern nicht schlimm „nur“ Zweiter zu werden.

Beim 2-Personenspiel ist man immer in direkter Konfrontation, die Spielstärke hat hier eine große Bedeutung. Wenn kein Glück im Spiel ist, gewinnt immer der Stärkere. Und das kann auf Dauer frustrieren und langweilen.

Ein wichtiger Unterschied ist: nach einem Spielzug ist man wieder dran. Genau deswegen sind Zwei-Personen oft so strategisch und dasselbe Spiel ist zu zweit strategischer als zu dritt oder zu viert gespielt. Ich weiß genau: nach mir ist der andere 1x dran und dann wieder ich. Also kann ich überlegen: wenn ich das mache kann er das oder das machen, dann mache ich das … bei mehr Mitspielern hat sich oft so viel geändert bis ich wieder am Zug bin, dass es sich nicht lohnt darüber nachzudenken, was ich als nächstes mache. Allenfalls macht man dem nächsten Spieler keine Vorlage.

 

Zwei-Personen – zu wenig für ein Familienspiel?

 

Wer abstrakte Spiele und die strategische Konfrontation nicht mochte, hatte es lange Zeit schwer, ein geeignet Spiel zu finden. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass früher die Familienspiele zwar offiziell – laut Angaben auf dem Karton – für 2-6 Spieler und 8 bis 88 Jahre waren. Leider stimmte das aber nicht: die Spiele machten zu zweit kaum oder gar keinen Spaß. Und für 80-jährige waren sie oft auch nicht geeignet.

 

Von den 1980er in die 1990er Jahren entwickelten sich die Angaben auf den Spielen weiter und wurden ehrlicher: es stand z.B. nur noch 3-4 Spieler auf der Packung und ab 8 Jahre. Oder dann eben 2-5 Spieler. Je nachdem mit wie vielen Spielern das Spiel auch wirklich funktionierte.

 

Doch es blieb das Gefühl, zu zweit mindestens ein Spieler zu wenig zu sein.

Eben keine Familie. Zu wenig für ein Familienspiel.

Es blieben Kniffel, Mau Mau und die Hoffnung auf neue Spiele-Erfindungen.

 

Ende der 1990er Jahre brachte dann der Kosmos-Verlag Spiel für Spiel eine neue Reihe heraus: kleine quadratische Schachteln mit Zwei-Personen-Spielen. Ganz unterschiedliche Ideen und Spielprinzipien. Und keine Schwarz-Weiß-Grübel-Spiele.

Aber auch andere Verlage nahmen immer mal Zwei-Personen-Spiele ins Programm und bewiesen, dass es eine große Anzahl von Möglichkeiten für Zwei-Personen-Spiele gibt. Dabei waren auch immer wieder abstrakte Spiele.

Heute gibt es eine tolle große Auswahl an Zwei-Personen-Spielen, von locker-leicht bis strategisch-schwer.

Nun erscheint das Zu-Zweit-Spielen als kein Mangel mehr. Es ist etwas für ein Paar, die zwei besten Freunde oder zwei aus einer Familie, die eben lieber häufiger oder etwas anderes spielen wollen als der Rest der Familie. Zwei-Personen-Spiele sind also in jedem Fall gefragt. Und nun gibt es auch für jeden Geschmack etwas.